Festakt zum 150jährigen Jubiläum des MGV »1872«

Im Jahr 1872 wurde auf das Drängen des damaligen Lehrers Erlewein aus dem damaligen Leseverein heraus, bei dessen wöchentlichen Zusammenkünften auch das eine oder andere Lied erklang, der Männergesangverein »Frohsinn« gegründet. Es wurde schon damals großen Wert auf die Pflege der Geselligkeit gelegt und man hat, wie der Chronist berichtet, bereits drei Jahre später mit großem Erfolg ein Schauspiel aufgeführt. Auf dieses Jahr begründet der heutige MGV »1872« sein stolzes Jubiläum, seit 150 Jahren zu bestehen, welches am kommenden Sonntag, dem 12. Juni am 11 Uhr im Rahmen eines kleinen Festaktes im Gemeindehaus gefeiert wird. Hervorgerufen durch die politische und soziale Entwicklung spaltete sich dieser bis dahin überwiegend durch Lehrer geleitete Chor. Im Jahr 1908 verließ eine größere Anzahl diesen Chor und gründeten den Arbeiter-Gesangverein »Freiheit«. Beide Chöre nahmen nach dem 1. Weltkrieg schnell ihre Singstundenarbeit wieder auf und konnten zahlreiche Konzerte, Bälle und Theateraufführungen im in den 1920er erbauten kath. Vereinshaus, dem heutigen Gemeindehaus, auf die Beine stellen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 verloren die beiden Vereine ihre Eigenständigkeit und wurden auf Drängen von oben zum »Vereinigten Männerchor Frohsinn Lauterbach« zusammengeschlossen. Dieser Chor umfasste zu Beginn noch 94 Sänger, von denen sich aber etliche in den Folgejahren abwandten, um nicht das vorgeschriebene politische Liedgut singen zu müssen – der Chor wurde in den Folgejahren immer mehr in das politische Leben eingebunden. Mit Kriegsbeginn 1939 war ein geregeltes Chorleben, wie in vielen anderen Vereinen, nur noch sehr begrenz möglich und immer mehr von Totengedenken gefallener Sängerkammeraden durchsetzt. Kurz nach Kriegsende, bereits im Juli 1945 trafen sich mehrere Sänger zu einer außerordentlichen Versammlung, um über die Zukunft zu debattieren. Schon hier zeichnete sich ab, dass es wohl wieder zu einer Trennung der beiden sich weltanschaulich immer er noch fremden Strömungen kommen wird. Ende 1946 entstand der »Volkschor« in der Nachfolge des Arbeiter-Gesangsvereins. Ab Februar 1947 nahm auch der »Frohsinn« seine Vereinstätigkeit mit Genehmigung der französischen Militärregierung wieder auf. Die Jahre 1947 bis 1964 waren geprägt von Operettenaufführungen, Rundfunkaufnahmen sowie der Teilnahme bei großen, überregionalen Sängerfesten. Daneben die vielen örtlichen Garten- und Waldfeste sowie zahlreiche Kurkonzerte und andere Auftritte beider Vereine. Bereits 1964 zeichnete sich ab, dass die Zeit jetzt gekommen schien, um die beiden Chöre wieder zusammenzuführen, so dass man im Herbst erfolgreich einen gemeinsamen Ausflug ins hessische Schierstein durchführte bei dem, so die Chronik, das Eis gebrochen wurde. Am 15. Januar 1965, nach mehreren gemeinsamen Ausschusssitzungen, fand die konstituierende Sitzung der neuen Sängergemeinschaft unter dem Vorsitz von Bürgermeister Manfred Schlayer statt. Es entstand der stimmgewaltige und hoch geachtete Männergesangverein »1872« Lauterbach. Es folgten bedeutende Auftritte und zwei große Jubiläen, zum 100-jährigen und 125-jährigen Bestehen. Diese Zeit war stark geprägt vom langjährigen Chorleiter, Kirchenmusikdirektor Walter Pfundstein. Ihm folgten Johannes Lehmann, gefolgt von Jürgen Jäger. Die Vakanzen dazwischen konnten immer wieder mit Bravour von Walter Müller aufgefangen werden. Vor über 20 Jahren hat die Vereinsführung auf Anregung des damaligen Chorleiters Jürgen Jäger die Zeichen der Zeit erkannt und einen der ersten Pop-Chöre in der Raumschaft ins Leben gerufen. Ein kluger und nachhaltiger Entschluss, denn dieser Chor bemüht sich um die Fortführung des Vereins, der jetzt sein 150-jähriges Jubiläum feiert. In Spitzenzeiten standen zusammen mit den Mini-Singers, eine Kooperation mit der damaligen Grund- und Hauptschule, drei vereinseigene Chöre gemeinsam auf der Bühne. Als erstes waren dann die Mini-Singers mit der Umstrukturierung der Lauterbacher Schule Geschichte. Nachdem der Pop-Chor 2007 sein erstes alleiniges Konzert unter der neuen Dirigentin Dorothea Eberhardt durchführte, stellte der Männerchor für sich nach einem letzten gemeinsamen Konzert 2009 fest, altersbedingt nicht mehr die sängerische und physische Kraft für Konzerte zu besitzen. Somit sieht sich der Pop-Chor in der Verantwortung, den Verein regelmäßig konzertant zu repräsentieren. Der Männerchor, personell stark dezimiert und hoch gealtert, zog sich dann im vergangenen Herbst endgültig von der öffentlichen Bühne im Rahmen eines Abschiedsgottesdienstes zurück. Der Pop-Chor besaß anfänglich eine enorme Anziehungskraft ins weite Umfeld. So kamen Chormitglieder selbst von Gutach und Dunningen regelmäßig zu den Proben und ermöglichten bühnenfüllende Auftritte im heimischen Gemeindehaus wie auch auswärts. Nachdem zunehmend weitere traditionelle Chöre die Zeichen der Zeit und den Bedarf an modernen Chören erkannten, wanderten viele Chormitglieder in den neu gegründeten Pop-Chor ihrer Heimatgemeinde ab. Dies schwächte zwar den Pop-Chor in Lauterbach, stärkte aber die Verbundenheit mit diesen neuen Chören – nicht ohne ein wenig stolz darauf zu sein, hier in der Raumschaft einen Trend gesetzt zu haben, eine Blaupause für andere Chöre, ihren Fortbestand zu sichern. Dadurch deutlich in der Größe reduziert und leider auch durch die Corona-Pause verstärkte Zuname der Individualisierung nochmals dezimiert, stellt der Pop-Chor aktuell keinen großen Chor mehr dar. Bedingt durch die große Einsatzbereitschaft jedes einzelnen und unserer Chorleiterin Dorothea Eberhardt, die es immer wieder versteht ausgewähltes Liedgut für uns auszusuchen und anzupassen, können von diesem Chor immer noch verschiedenste Konzerte und Auftritte zuhause und auch als Gäste anderer Chöre bestritten werden. In der Nachfolge dieser Vereinsgeschichte versteht der Pop-Chor des MGV 1872 Lauterbach auch sein Konzert am 11. Juni um 20 Uhr im Gemeindehaus Lauterbach. Das stolze Jubiläum von 150 Jahren soll hierbei seine musikalische Würdigung erfahren. Die Feierlichkeiten münden dann in einen Festakt am Sonntag, den 12. Juni um 11 Uhr, ebenfalls im Gemeindehaus, der von den Sängerfreunden der Sängerlust Sulzbach musikalisch umrahmt wird und zu dem alle Ehemalige, Freunde und Gönner des Vereins herzlich eingeladen sind.